Mein Problem

Es ist zum Mäuse Melken. Bin ich schon einen Mini-Schritt weiter mit meinem größten musikalischen Problem, das ich derzeit habe? Nein! Habe ich Moves gemacht und einen ganzen Trainingsplan aufgestellt, die dann nicht funktioniert haben? Ja! Statt des musikalischen Trainings bringe ich jetzt noch intensiver meine Promotion voran. Anstatt, dass neue Moves meine Gewohnheiten verändern, wie ich es ja angestrebt hatte, werden die alten Gewohnheiten nur noch stärker und funktionieren noch zuverlässiger und intensiver. Das ist auch gut, denn dann kommt mein Exposé voran, aber eine Lösung zu meinem Problem habe ich immer noch nicht!

Was ist eigentlich mein Problem?

Mein Problem ist: Ich stelle zu viele Fragen, die ich mir dann selbst beantworte. Nein! Späßchen! Oder vielleicht doch?

Mein Problem ist: Ich möchte etwas musikalisch ausdrücken, wofür mir die Fähigkeiten fehlen.

Da sind wir schon an des Pudels Kern, denn „Fähigkeiten“ ist das Wort, das ich im Moment immer missinterpretiere. Das blockiert mich so sehr, das ich garnicht vom Fleck komme und meine Moves nicht greifen. Kann ich viele Dinge musikalisch nicht? Ja! Zum Beispiel fehlen mir Improvisationsfähigkeiten. Rudimentär sind sie da, aber das war es dann auch schon. Brauche ich diese Fähigkeiten, um mich persönlich auszudrücken, um meine Musik in die Welt zu bringen? Erst einmal nicht, denn auch klassische Musiker brauchen keine Improvisation um ein tolles Konzert zu spielen, was viele Menschen begeistern kann. Jetzt könnte man sagen, dass ein klassischer Musiker dafür andere technische Fähigkeiten braucht, um so ein Konzert zu spielen.
Dass das ein Trugschluss ist, haben schon viele Auftritte von Laienmusikern bewiesen, die trotzdem umwerfend waren. Was passiert in tollen Konzerten? Menschen rücken zusammen. Sie erleben den musikalischen Moment gemeinsam. Das Publikum nimmt Anteil am Bühnengeschehen, lässt sich mitreißen und kann sich in dem, was auf der Bühne passiert, wiederfinden. Das passiert aber nicht, weil das Publikum etwas kann oder macht. Es passiert, wenn es passiert, weil der Künstler etwas richtig gemacht hat. Er hat eine Fähigkeit angewandt, die aber jenseits der technischen Fähigkeiten liegt, die man in einem Studium erlernen kann.

Was ist das für eine Fähigkeit und wie kann man sie trainieren? Es geht darum etwas von sich in die Musik zu legen, was unmittelbar ist. Etwas auszudrücken, was sich direkt übertragen kann. Es geht darum etwas Authentisches zu tun.
Ich stelle die Hypothese auf, dass es genau die Fähigkeit ist, die ein Komponist braucht, um seine Musik durchkommen zu lassen. Es ist die Fähigkeit sich selbst mit der Musik zu verbinden oder sich durch die Musik auszudrücken.
Und ja, ich persönlich brauche vermutlich noch viele technische Fähigkeiten, aber ich habe ehrlich gesagt keine Lust etwas abzuarbeiten, um um dann irgendwann etwas von mir durchkommen lassen zu können. Das ist auch der Grund, warum meine Moves letzte Woche nicht funktioniert haben, denn so funktionieren Moves nicht. Moves funktionieren nur freiwillig und ohne Abarbeiten, Disziplin und sich Vornehmen. Mist aber auch! Ich benötige zwar technische Fähigkeiten, wie zum Beispiel Improvisation, um zu komponieren, aber mit Moves kann ich sie nicht trainieren, solange ich diesen Fähigkeiten hinterherlaufe. Moves funktioieren bei mir nur, wenn ich mich interessiere, wenn ich durch sie etwas über mich selbst entdecke, wenn ich neugierig bin. Neugierig bin ich nicht auf die technischen Fähigkeiten. Neugierig bin ich auf meine Musik, auf mich.

Und da ist der Knoten in meinem Hirn, der nicht weggehen möchte: Wie kann ich mich selbst in der Musik entdecken, während ich nebenbei vielleicht Fähigkeiten aufbaue? Wie kann ich nicht erst etwas Abarbeiten? wie kann ich sofort mich ausdrücken? Wie kann ich diese andere, emotionale, befriedigende Komponente, die, die etwas mit mir persönlich zu tun hat in mein Üben bringen? Wie übt man Musikalität jenseits von technischen Fähigkeiten?

Ich glaube daran, dass die Welt so funktioniert, und dass Musik das immer zu bieten hat, egal auf welchem Niveau: Ich kann mich darin wieder finden und technische Fähigkeiten entstehen dann ganz nebenbei.

Bloß, wie mache ich jetzt diesen Raum für mich beim Üben auf? Wo ist da die Türe?

Zu viele Fragen?

  3 comments for “Mein Problem

  1. Anne
    22. Februar 2018 at 21:38

    Ich singe manchmal mit meinem Staubsauger oder mit der Dunstabzugshaube beim Kochen. Kennst du das?
    Wenn irgendetwas einen kontinuierlichen Summton erzeugt, dann kann ich immer wunderbar darüber tönen und improvisieren. Ich habe mich andersherum dann schon oft gefragt, ob das jetzt „meine Musik“ ist oder alles nur geklaut, weil ich Melodiefetzen irgendwo gehört habe und wieder aufgreife.
    Wenn du deine Geschichte schon hast, die du musikalisch ausdrücken willst, dann probiere dich doch „einfach“ damit. Vielleicht muss man seine eigene Musik in den Fluss bringen, z.B. wie das Schreiben der Morgenseiten. Vielleicht kann man einfach tönen und die Musik rauslassen, aufnehmen, notieren oder einfach nur verklingen lassen.
    Und wenn die Musik irgendwann einen Rahmen braucht, dann ist der vielleicht schon da, weil du weißt, was du musikalisch willst. Macht das Sinn?

  2. Mark
    27. Februar 2018 at 16:55

    „Es geht darum etwas Authentisches zu tun.“
    Das finde ich auch 🙂

  3. Regí Ju
    1. März 2018 at 00:21

    Zu Deinen Improvisationsfähigkeiten: Kennst Du die Aebersold Hefte? Die hab ich mir vor Jahren mal empfehlen lassen und die machen auch Spaß, wenn man kein Vollblut Jazzer ist. Wenn Du mehr von der klassischen Seite rangehen willst, lohnt es sich sicher mal bei den Organisten zu spicken 😉

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